Mirjam Nogueira-Furrer

Anmeldungsprozedere

13:14 Online Anmeldung in Angriff genommen. UUUppsss... so viele Dinge werden gefragt, gewünscht, besser gesagt, verlangt. Meine
Lebensjahre sind ja schon vielfältig und einen Rückblick zu machen das fordert mich nun in diesem Moment schon heftig heraus.
Wo fange ich an? Natürlich am Anfang, schon beim ersten Punkt; Grundausbildung, stocke ich. Wird nun mein Fachausweis
Haushaltleiterin, als Grundausbildung gerechnet? Telefoniere herum, kreuze andere Schulen an und lade den Fachausweis hoch.
14:08 Uhr Punkt zwei: Vorbildung.
Vorkurs, Schule für Gestaltung, Zürich
Ja, aber vorher war ja das gestalterische 10. Schuljahr an der Minerva. Wo soll ich das einfügen? Gibt kein zweites Feld, das
einzufügen. Janu, dann weiter unten, unter berufliche Tätigkeiten/Praktika? Mal schauen ob das so möglich ist. Uiuiuui, die Zweifel
kommen, der Nebel im Kopf…
Zurück zu Punkt eins, das nun zuerst korrekt ausfüllen und Dokument hochladen. Psychische Befindlichkeit; innere Unruhe, wie schaffe ich das? Der Zweifel will mich überladen. Ich stehe auf, gehe aufs WC, hole ein Glas Wasser. Zum
Glück scheint die Sonne durch die Balkontür, auf den Tisch. Einen Vogel erblicke ich auch, einen grossen, schwerelos
gleitet er. Möchte mich auch so fühlen.
14:57 Uhr Zum wiederholten Mal fliege ich aus dem «Anmeldungsprozess». Beim hochladen des PDF kommt die Meldung (in etwas so) :
Sie sind nicht berechtigt… Mann! Mein Geduldsfaden wird strapaziert, das Ganze fällt mir ohne diese Fehlermeldungen schon
genug schwer. Liegt das an meinen Gehirnstrukturen? Stress...
15:12 Uhr Bauch angespannt, mache ich ein Durcheinander? Versuche so gut wie möglich, mich an eine «übersichtliche» oder besser
chronologische Reihenfolge zu halten. Tja, die Hospitation Kursbesuche an der Schule für Gestaltung, nach dem Vorkurs,
werde ich nun eben auch unter Punkt «weitere studienrelevante Tätigkeiten/Praktika» aufführen, nebenbei arbeitete ich, um
Geld zu verdienen. Mit all diesen Erinnerungen an die Familiensorgen muss ich nun auch noch umgehen, was ist von dieser
Wirklichkeit von damals noch da? Bruchstücke, wühle mich durch Dokumente, welche vor mir auf dem Tisch liegen.
15:39 Uhr Break! Ich muss etwas Essen, der Bauch meldet sich. Obwohl, es ist diffus, die Appetitlosigkeit ist gleichwertig. Der Darm ist
so ein undurchsichtliches Organ. Dazu hätte ich auch noch einiges anzumerken. Anmeldung vorerst schliessen.
16:00 Uhr Dazwischen: Telefon mit meinem Sohn Caruã. Mich austauschen, berichten. Dann noch ins Mail schauen und Kinoinfos für
meine nächste Arbeitsschicht lesen. Aber jetzt wirklich, mich um mein Wohlbefinden kümmern, spricht etwas Essen, zuerst
eher kochen.
16:14 Uhr Reis ist auf dem Herd, sprudelt schon bald vor sich hin. Heute werde ich mich nicht weiter um die Anmeldung kümmern
können. Um 17:08 Uhr sollte ich auf den Zug. «Die Nashörner» von Eugenie Ionesco rufen, die Bühne rocken ist angesagt
heute Abend. Energie zentrieren. Die 4te von 19 Aufführungen.
12:29 Uhr Gestern schwanger mit dem Anmeldeprozess im Kopf, jedoch nicht aktiv gebärend. Irgendwie etwas fahrlässig, da die Zeit ja
drängt, jedoch musste ich mich auf den anderen Alltag konzentrieren, Kräfte einteilen für die Arbeit im Kino und dann
abends auf der Bühne. Meine morgendlichen Anlaufschwierigkeiten dauern an.
Nächstes Feld, «weitere studienrelevanten Tätigkeiten». Merke dass es nach diesem dritten Abschnitt gar keine weiteren Möglichkeiten mehr gibt, meine diversen Erfahrungen aufzulisten. Werde nun wieder auf Punkt 1 zurückhüpfen und einige Jahre zusammenfassen. So habe ich dann schlussendlich hoffentlich doch eine passable Übersicht… Für mich eine unglaublicher Kraftakt, da ich Mühe habe wenn so einiges durcheinandergerät. Ja und wenn der Scanner nicht will, nicht erkannt wird, dauert alles noch länger. Fragen wie (er)kenne ich mich? Weiss ich wer ich bin/war? Verblendungen? Erinnerungen? Ein Gefäss geht auf, Türen werden geöffnet. Scanner wiederholt abschalten, aufstarten, immer wieder kommt die Meldung «Scanner wird nicht erkannt». Doch das kribbelige Gefühl ist auch Antrieb. Doch ein Tee muss nun sein. Toll, Scanner wird nun erkannt.13:40 Uhr
Während ich am Formular ausfüllen bin, plötzlich wieder die Meldung: Unerwarteter Fehler ist aufgetreten. Ich werde durch
diese technischen Umstände immer wieder unterbrochen… Kann mich neu einloggen, jedoch sind einige Angaben, welche ich
schon ausgefüllt habe wieder weg!
Mache nun sicherheitshalber ein Foto vom Bildschirm, alles wieder neu formulieren, ärgert mich.
13:14 Uhr Zwischendurch Dokumente suchen. Muss mich ausloggen. Etwas essen und dann auf den Zug. Um 17 Uhr auf der Bühne
stehen.
08:45 Uhr Blicklicht
Durchblick
Lichtblick
11:17 Uhr Lebenslauf tabellarisch ist angesagt. Bemerke, dass in meinem Sekundarzeugnis, mein Lehrer im ersten/zweiten Jahr die
Jahreszahlen falsch notiert hat. Demnach hätte ich die erste und zweite Klasse im selben Jahr absolviert… Erinnerungen an
seine Erzählungen, Reisen mit dem Motorrad durch Italien, das Krokodil in der Badewanne, welches er eine Zeit hatte, die
Würgschlangen im grossen Terrarium im Schulhaus (wir übernahmen Aemtli für diese) usw.
Während ich Wäsche aufhängen, kommt mir der Gedanke, dass ich doch mal nachfragen sollte, wie das ist, da ich keine Matur habe, «sur dossier» Aufnahme. Grenzen sind da, Perspektiven nicht gleichwertig, negative Gedanken, ich will meine
Angst nicht stark werden lassen, durchatmen.Von wann bis wann arbeitete ich wo? Es kommt doch einiges zusammen, in all
diesen Jahren. Muss duschen, mich parat machen und dann ab ins Kino, arbeiten.
Da wird noch einiges zusammenkommen. An Blut, Schweiss und was mich sonst noch so erwartet...